Weichmacher: Gefährliches Hormongift im Urin vieler Menschen entdeckt

Eine Übernahme vom BUND:

Das Umweltbundesamt hat in jeder vierten Urinprobe Rückstände des Metabolit MnHexP gefunden. MnHexP ist ein Abbauprodukt des weitgehend verbotenen Weichmachers Di-n-hexyl-Phthalat. Der Weichmacher kann die Fortpflanzungsorgane von Föten im Mutterleib schädigen und bei Erwachsenen das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen.

Die Untersuchungen des Umweltbundesamts im Rahmen der „6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit“ sind noch nicht abgeschlossen. Warum der seit Februar 2023 verbotene Weichmacher in so vielen Urinproben gefunden wurde, ist noch völlig unklar. Bereits im Jahr 2013 wurde der Weichmacher als besonders besorgniserregender Stoff eingestuft. Im Jahr 2020 wurde er auf die Liste der zulassungspflichtigen Stoffe gesetzt. Demnach dürfte er in diesem Ausmaß eigentlich nicht mehr in menschlichem Urin nachzuweisen sein.

Weichmacher im Urin von Kindergartenkindern

Zunächst wurde ein massiver Anstieg von Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP) bei Urinproben von Kindergartenkindern in Nordrhein-Westfalen entdeckt. Die Untersuchungen haben ergeben, dass sich in einem Zeitraum von drei Jahren der Anteil der belasteten Proben mehr als verdoppelt hat. Gleichzeitig hat sich bei belasteten Kindern die Konzentration des Weichmachers in etwa verzehnfacht. Die Untersuchungen hatten Expert*innen des Landesamts für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz durchgeführt. Das Umweltbundesamt zeigt sich alarmiert und hat die Europäische Umwelt- und Chemikalienbehörden zur Suche nach möglichen Belastungsquellen eingeschaltet. Auch die Politik macht die ungewöhnlichen Funde zum Thema. Im Landtag in NRW fordert die Opposition nun von der Landesregierung Auskunft darüber, seit wann die Regierung von den belasteten Proben weiß.

Suche nach Herkunft

Der Weichmacher DnHexP wurde lange Zeit als Zusatzstoff verwendet, um PVC-Plastik weich und biegsam zu machen. Entsprechend kann er noch in alten EU-Produkten enthalten sein oder über importierte Produkte nach Deutschland kommen, die gegen das EU-Chemikalienrecht verstoßen. Das ist gerade mit Blick auf den rasant wachsenden Online-Handel nicht kontrollierbar. Die Gesetze sind noch für die analoge Welt gemacht, wie ein Rechtsgutachten des BUND aus dem Jahr 2023 feststellt. Eine BUND-Marktrecherche hat gezeigt, dass online gekauftes Spielzeug hohe Konzentrationen an Weichmachern, krebserregenden Nitrosaminen oder hormonell schädlichem Bisphenol A enthalten kann. Puppen aus PVC, Spielzeugschleim oder Luftballons sind besonders häufig betroffen.

Schädliche Wirkung  

Dabei können hormonell wirkende Schadstoffe schon in sehr geringen Mengen ihre schädliche Wirkung entfalten. Sie gelten deswegen auch als Stoffe, für die es keine sicheren Grenzwerte geben kann. Der BUND und andere Umweltverbände fordern schon seit den 1990er Jahren ein vollständiges Verbot von Phthalat-Weichmachern wie DnHexP.

Schadstoff-Regulierung hinkt hinterher

Am Fund des Weichmachers DnHexP zeigt sich erneut, wie groß die Defizite bei der Regulierung von gefährlichen Chemikalien sind. Im Schnitt dauert es acht bis zwölf Jahre, bis ein potentieller Schadstoff alle Instanzen durchlaufen hat und EU-weit reguliert werden kann. Um gefährliche Stoffe schneller regulieren und den Markt effektiver kontrollieren zu können, muss die EU-Chemikalienverordnung REACH endlich zügig überarbeitet werden. Gefährliche Stoffe in verbrauchernahen Produkten müssen schnell verboten werden.

Schadstofffreie Produkte

Viele Produkte, die Schadstoffe enthalten, sind aus Plastik oder Weich-PVC. Setzen Sie stattdessen auf plastikfreie Alternativen. Puppen gibt es auch aus unbedenklichen Textilien und zertifiziertes Holzspielzeug ist schadstofffrei. Kaufen sie zertifizierte Naturkosmetika. Scannen Sie Produkte mit der kostenlosen BUND-ToxFox-App. Die App zeigt an, ob das Produkt hormonelle Schadstoffe, PFAS, Nanopartikel, Mikroplastik oder flüssige Kunststoffe enthält.

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