Quecksilber in der Zahnmedizin: Risiko für Umwelt und Gesundheit
50 NGOs und Wissenschaftler fordern Amalgam-Ausstieg
Mit der Bonner Amalgam-Erklärung, der sich auch unsere Organisation angeschlossen hat, fordern über 50 NGOs und Expert*innen von der Bundesregierung einen Beschluss zum Amalgam-Ausstieg bis spätestens 2025. Amalgamfüllungen bestehen zu 50 % aus hochgiftigem Quecksilber und bergen nicht nur ein direktes Gesundheitsrisiko, sondern tragen auch erheblich zur Umweltverschmutzung bei.
Zum Anlass des Inkrafttretens der EU Medizinprodukte-Verordnung am 26. Mai wurde die Forderung veröffentlicht und darauf hingewiesen, dass auch diese nicht sicherstellt, dass keine Amalgamfüllungen mehr zugelassen werden. Zwar gelten jetzt deutlich schärfere Anforderungen, doch ist nicht auszuschließen, dass Amalgamfüllungen eine Sonderzulassung bekommen. Alte Zertifikate bleiben auch noch bis spätestens zum 26. Mai 2025 gültig.
Dabei werden aus Amalgamfüllungen ständig geringe Mengen Quecksilberdampf freigesetzt, die durch Faktoren bei der Verarbeitung, dem Alter der Füllung oder Gewohnheiten wie Zähneknirschen, Kauen und Trinken von heißen Getränken ansteigen. Durch den Quecksilberdampf, der vom Körper aufgenommen und gespeichert wird, kann ein Risiko für vulnerable Personen und Personen, die eine eingeschränkte Fähigkeit haben, Quecksilber auszuscheiden, nicht ausgeschlossen werden
Mit der Bonner Amalgam-Erklärung wird daher ein Beschluss der Bundesregierung gefordert und in 21 Gründen darauf hingewiesen, dass Amalgamfüllungen nicht nur ein direktes Gesundheitsrisiko bergen, sondern erheblich zur Umweltverschmutzung mit Quecksilber beitragen.
In der Umwelt sind die Konzentrationen seit der industriellen Entwicklung stark angestiegen und zu einem globalen Problem geworden.
International wird daher mit der Minamata-Konvention versucht, die Emissionen einzudämmen. Für die Überarbeitung des Abkommens (2022) hat die Afrikanischen Region jetzt gefordert, auch die Herstellung und Einfuhr von Amalgam ab 2027 zu verbieten. Gerade in Entwicklungsländern muss für den Umgang mit Amalgamabfällen erst eine kostspielige Infrastruktur für Sondermüll aufgebaut werden. Daher wollen sie lieber gleich auf Amalgam verzichten.
Die Europäische Kommission hat ihrerseits untersucht, ob in der EU ein Amalgam-Ausstieg bis 2030 oder früher möglich ist und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dies sowohl technisch als auch wirtschaftlich machbar ist. Daher wird derzeit an einem Gesetzgebungsvorschlag gearbeitet. Doch für die Umsetzung ist die Zustimmung der Bundesregierung notwendig. Der Beschluss eines Amalgam-Verbots in Deutschland, wie ihn die Bonner Amalgam-Erklärung fordert, hätte also eine große Tragweite.
Deutschland wäre dabei nicht einmal Vorreiter: Italien hat gerade erst angekündigt, bis zum 31.12.2024 aus der Verwendung von Amalgam auszusteigen und in Schweden und Norwegen ist Amalgam seit über 10 Jahren verboten.
Florian Schulze, Geschäftsführer der IG Umwelt-ZahnMedizin und Initiator der Kampagne erklärt, warum sich so viele Unterstützer aus verschiedenen Bereichen der Forderung angeschlossen haben: „Die Verwendung von Quecksilber in der Zahnmedizin hat nicht nur Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit, sondern auch konkrete Folgen für die Kreislaufwirtschaft und Lebensmittelindustrie. Es entstehen Kosten für die ganze Gesellschaft.“
Durch Quecksilber wird – schon pränatal – nicht nur die Entwicklung der Intelligenz von Kindern gestört, sondern kann auch zu schweren gesundheitlichen Schäden führen. Sobald Mütter es über Fisch und andere Lebensmittel aufnehmen, geben sie es ungewollt während der Schwangerschaft weiter. Bei der Zulassung von Alltags- und Medizinprodukten, sollten daher zusätzliche Belastungsquellen unbedingt vermieden werden.
Bei der seit über 30 Jahren stark ansteigenden Zahl von chronischen Erkrankungen, wird es sich die Gesellschaft nicht leisten können, den Fokus weiter auf die Behandlung von Symptomen zu legen, sondern muss dringend anfangen, die Ursachen zu vermeiden. Auch kleine Mengen Quecksilber können chronische Beschwerden auslösen, insbesondere bei vulnerablen Patienten, deren Fähigkeit eingeschränkt ist, das toxische Metall auszuscheiden.
Zudem sind Zahnärzt*innen nicht mehr auf Amalgam angewiesen, da sich alternative Materialien bereits etabliert haben. Je nach Material und Technik müssen diese auch nicht aufwendiger sein.
„Letztendlich müssen aber gesetzliche Krankenkassen die zuzahlungsfreie Standardversorgung auf alternative Füllungen anpassen, sodass auch Patienten mit geringen Einkommen damit versorgt werden können. Gerade Geringverdiener haben häufiger Vorerkrankungen, wodurch Amalgamfüllungen zu einem zusätzlichen Risiko werden.“ so Florian Schulze von der IG Umwelt-Zahnmedizin.
Die 21 Gründe der Bonner Amalgam-Erklärung finden Sie mit einer Liste der Unterzeichner und Stimmen auf der Webseite der Kampagne:
https://www.ig-umwelt-zahnmedizin.de/bonner-amalgam-erklaerung/