BUND: “Klimakrise, Artensterben, stoffpolitische Krise: Das Gleichgewicht des Planeten ist bedroht”
Neben der Klimakrise und dem zunehmenden Artensterben gefährdet insbesondere unser verschwenderischer Umgang mit Rohstoffen, Chemikalien und den daraus hergestellten Produkten das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten. Diese bislang weitgehend unbeachteten "Herausforderungen für eine nachhaltige Stoffpolitik" beleuchtet der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in einem aktuellen Positionspapier.
"Alle drei Krisen – Klimakrise, Artenkrise und stoffpolitische Krise – hängen eng zusammen und müssen in einem gemeinsamen, globalen Transformationsprozess gelöst werden", sagt BUND-Vorsitzender Olaf Bandt. Ihre gemeinsame Ursache liege in einem Wirtschaftssystem, das ständiges Wachstum und maßlosen Konsum fördere. "Wir setzen in unserer Maßlosigkeit die ökologische Stabilität des gesamten Planeten aufs Spiel. Mit unserer Art zu leben und zu wirtschaften gefährden wir unser Überleben. So kann es nicht weitergehen", so Bandt.
"Die Gewinnung und Herstellung von Stoffen verbraucht sehr viel Energie und trägt damit zur Klimakrise bei, gleichzeitig gefährden langlebige und giftige Stoffe sowie die Zerstörung von Lebensräumen durch Agrarwirtschaft, Berg- und Städtebau die biologische Vielfalt. Nachhaltige Stoffpolitik bedeutet also immer auch Klima- und Artenschutz", erläutert Uwe Schneidewind, Sprecher des BUND-Arbeitskreis Umweltchemikalien und Toxikologie sowie Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie.
"Wir brauchen ein nachhaltiges Management von Stoffströmen, das sowohl global und national als auch auf der Ebene der Unternehmen und der Verbraucherinnen und Verbraucher wirkt. Das könnte beispielsweise eine Kreislaufwirtschaft leisten, in der Abfälle vermieden, wiederverwendet und recycelt werden", sagt Schneidewind. "Dieses Stoffstrommanagement muss alle Lebensbereiche wie Mobilität, Bauen, Ernährung sowie eine Reduktion des Konsums umfassen."
Die Realität sieht anders aus: Die Menschheit produziert und verbraucht immer mehr Stoffe. 2017 setzte die Chemieindustrie 5,8 Billionen US-Dollar um und wird diesen Umsatz nach Angaben des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) bis 2030 verdoppeln. Dabei geht es um Stoffe, die giftig sind, unfruchtbar machen, das Hormonsystem schädigen und die allein wegen ihrer Langlebigkeit eine Bedrohung darstellen. Ein aktuelles Beispiel ist Plastik: Über 400 Millionen Tonnen werden pro Jahr hergestellt. Allein die in Deutschland jährlich produzierten Plastikflaschen würden aneinandergereiht 13 Mal bis zum Mond reichen. Unzählige Alltagsprodukte aus Kunststoff werden zu Abfall. Deutschland gehört weltweit zu den fünf größten Plastikmüll-Exporteuren. "Das alles geht nicht nur zu Lasten von Böden, Gewässern und Luft, das geht auch zu Lasten der sozialen und globalen Gerechtigkeit und ist alles andere als zukunftsfähig", sagt Bandt. "Deutschland als einer der weltgrößten Standorte für Chemie-, Plastik- und Konsumgüterproduktion steht in der Verantwortung. Die Bundesregierung muss mehr tun als bisher."
Der BUND setzt sich für eine Stoffpolitik ein, die sich an den Prinzipien der Vorsorge und den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen ausrichtet. Dazu gehört ein Ende der verantwortungslosen Förderung und Übernutzung von Ressourcen und Rohstoffen. Stoffströme müssen regional und weltweit verlangsamt und verringert, Produkte durch Wiederverwendung und Recycling verstärkt in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Der Umgang mit Ressourcen und Rohstoffen muss verantwortungsvoller werden.
Bandt abschließend: "Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für eine verbindliche internationale Chemierahmenkonvention einzusetzen. Nur so wird es möglich sein, die Belastung für Mensch und Umwelt in Grenzen zu halten."
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Die Bundesregierung muss sich für eine rechtlich verbindliche Chemierahmenkonvention mit global gültigen Prinzipien für ein nachhaltiges Chemikalien-, Abfall- und Stoffstrommanagement sowie eine effektive Umsetzung und Fortentwicklung der Chemikalienverordnung REACH einsetzen, mit der die Europäische Union eine Vorreiterrolle einnimmt.