Verzögerung der Chemikalienreform gefährdet Umwelt, Gesundheit und die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie

Eine Übernahme von WECF:
München der 15. März

Neuer Report von EEB und ChemTrust zeigt die Folgen der Verzögerungspolitik der EU-Kommission bei der Regulierung schädlicher Chemikalien

Die seit langem erwartete Reform des wichtigsten EU-Chemikaliengesetzes, REACH, hat das Potenzial, sich deutlich positiv auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt, das Funktionieren der Kreislaufwirtschaft sowie die Wettbewerbsfähigkeit und das Innovationspotenzial der europäischen Industrie auszuwirken.

Dennoch gab die Europäische Kommission am 18. Oktober 2022 dem Druck der deutschen Chemieindustrie nach und kündigte in ihrem Arbeitsprogramm für 2023 an, die Veröffentlichung des Vorschlags zur Überarbeitung von REACH um zwölf Monate zu verschieben. Der Revisionsvorschlag wurde auf das vierte Quartal 2023 verschoben und läuft nun Gefahr wegen der Europa-Wahlen 2024 nicht mehr in der aktuellen Legislaturperiode auf den Weg gebracht zu werden, was eine ereute Verzögerung und neue Verhandlungen zur Folge hätte.

Die heute vom European Environment Bureau, EEB, bei dem wir von WECF Mitglied sind, und von CHEM Trust veröffentlichte Studie "Waiting for REACH: The negative impacts of delaying reform of EU chemicals legislation" zeigt, welch weitreichende Folgen eine solche Verzögerung haben wird. Sie gefährdet die Zukunft des grünen Wirtschaftswachstums in der EU und führt dazu, dass das derzeitig unzureichende Schutzniveau für Mensch und Tier sowie die weit verbreitete toxische Verschmutzung bestehen bleiben.

Darüber hinaus würde die Verzögerung der REACH Revision das Erbe des Green Deal beschädigen und große Unsicherheiten hinsichtlich der Ausrichtung der EU-Chemieindustrie schaffen. Dies würde zu einem Zeitpunkt eintreten, zu dem dringend Klarheit über den Rechtsrahmen nötig ist, und ein klares Signal an den Markt und die Investor*innen hinsichtlich einer schrittweisen Einstellung der Verwendung gefährlicher Stoffe hin zu nötigen Innovationen erforderlich ist.

Wenn sich die Überarbeitung von REACH weiter verzögert, wird der Umgang mit gefährlichen Stoffen weiterhin ineffektiv bleiben, was sich negativ auf die folgenden Bereiche auswirken wird:

  1. auf die Ziele des European Green Deals in Bezug auf die biologische Vielfalt, die Luft- und Wasserqualität und die menschliche Gesundheit (auch für Arbeitnehmer*innen und Verbraucher*innen).

  2. auf den Übergang der EU zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten und widerstandsfähigen Wirtschaftsregion mit klaren Leitlinien für Innovation und Investitionen.

  3. auf die Entwicklung von sichereren Alternativen, die die Bemühungen um die Entgiftung”” von Produkten des täglichen Bedarfs, einschließlich Kinderpflegeartikeln und nachhaltigen Textilien, beeeinhalten.

  4. auf die Verwirklichung der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung und der Klima- und Sozialziele der EU, mit weitrechenden Folgen für die EU und die Welt.

In zahlreichen Studien wurde bereits auf die Mängel im geltenden EU Chemikalienrecht hingewiesen. Steigende Expositionswerte beim Monitoring von Mensch und Umwelt weisen darauf hin, wie beispielsweise das kürzlich veröffentlichte „Forever Pollution Project” zur PFAS Verschmutzung in Europa. Im Rahmen dieses Projekts wurden rund 17.000 Standorte in ganz Europa identifiziert, die mit per- und polyflourierten Chemikalien, PFAS oder so genannten "Ewigkeitschemikalien" kontaminiert sind. PFAS reichern sich in der Umwelt an und gefährden über Generationen hinweg Umwelt und Gesundheit. Das weltweit wichtigste Chemikaliengesetz, REACH, hat diese Kontamination und Belastung bisher nicht verhindert.

Auch Finanzinvestor*innen sind wegen der giftigen Chemikalien besorgt. Eine Investoren*innen Gruppe, die Vermögenswerte im Wert von acht Billionen US-Dollar verwaltet, hat die größten Chemieunternehmen der Welt schriftlich aufgefordert, die Verwendung von PFAS in ihrer Produktion schrittweise einzustellen. Sie sind außerdem davon überzeugt, dass eine strengere Regulierung von Chemikalien für sie im Hinblick auf EU-weite Investition in Unternehmen ein geringeres Risiko darstellen würde.

Der European Green Deal hat aufgezeigt, wie dringend die Überarbeitung von REACH ist, um die großen Mängel zu beheben, den Schutz vor schädlichen synthetischen Chemikalien zu erhöhen und sicherzustellen, dass die europäische Industrie Innovationen in Richtung sicherere und nachhaltigere Chemikalien entwickelt.

Auf einer Veranstaltung zur REACH-Reform von Renew Europe, die vergangene Woche in Brüssel stattfand, sagte Virginijus Sinkevičius, EU Kommissar für Umwelt und Ozeane, dass die Beamten der Europäischen Kommission "mit Hochdruck an der Überarbeitung arbeiten", um den REACH-Reform Vorschlag "hoffentlich noch vor dem Sommer" vorlegen zu können.

Um die verheerenden Folgen einer ausbleibenden REACH-Reform zu vermeiden, fordern die Autor*innen des Berichts die Kommission auf, den REACH-Vorschlag spätestens im Juni 2023 zu veröffentlichen. So kann sichergestellt werden, dass der Regulierungsprozess so weit fortgeschritten ist, dass er nach Beginn der Amtszeit der neuen Kommission im Jahr 2024 zügig abgeschlossen werden kann.

„Die Botschaft des Reports unserer Kolleg*innen ist klar: Wir brauchen die Vorlage zur REACH Revision bis Juni 2023. Je länger die Überarbeitung der REACH-Verordnung dauert, desto länger werden Mensch und Umwelt aufgrund der Unwirksamkeit der derzeitigen Verfahren gefährlichen Chemikalien, die z.B. krebserregend, hormonell wirksam und persistent sind, ausgesetzt sein. Durch HBM4EU wissen wir, wie hoch die Belastung von Menschen, inklusive Kindern, Jugendlichen und Schwangeren schon jetzt ist. In der neuen REACH-Verordnung muss ein Ziel für die schrittweise Abschaffung der schädlichsten Chemikalien bis 2030 festgelegt werden. Es kann nicht sein, dass die deutsche Chemieindustrie dies verhindert.“ Johanna Hausmann, WECF Senior Policy Advisor

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Deutschland wirbt um europäische Unterstützung für die Weltchemikalienkonferenz

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Offener Brief an Steffi Lemke: REACH-Verordnung reformieren und die Verpflichtungen des Green Deal einhalten!