EU-Umweltnews: Petrochemieklage, illegale Pestizide, Bisphenol und REACH-Brexit

Ein Übernahme der EU-Umweltnews des DNR:

Client Earth klagt gegen 3-Milliarden-Euro-Kunststoffprojekt in Belgien

Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth hat zusammen mit 13 weiteren Nichtregierungsorganisationen Ende Juli Klage gegen die Genehmigung des Kunststoffanlagenprojekts des Petrochemieriesen INEOS im Hafen von Antwerpen, Belgien, eingereicht. Käme die Genehmigung zustande, wäre dies die „größte Kunststoffinvestition in Europa seit Jahrzehnten“. Aus Sicht der klagenden Organisationen ist nach wie vor das gesamte Ausmaß der voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Projekts von den regionalen Behörden nicht ausreichend bewertet worden - ein klarer Verstoß gegen EU- und nationales Recht, so ClientEarth.

Bereits im Jahr 2020 hatte die Organisation ein gerichtliches Eilverfahren gegen INEOS eingeleitet, weil das Unternehmen den Bau zweier neuer Kunststoffwerke im Hafen von Antwerpen plante. Das auf drei Milliarden Euro geschätzte Projekt barg aus Sicht von ClientEarth die Gefahr, dass ein bereits gesättigter Markt mit noch mehr Kunststoffen überschwemmt würde. Außerdem drohten irreversible Schäden, weil ein geschütztes Waldgebiet hätte abgeholzt werden müssen und die ungelöste Plastikpellet-Krise an der Küste und in den Naturschutzgebieten Antwerpens verschärft worden wäre. Eine einstweilige Verfügung wurde vor Gericht erwirkt, da die Behörden die Umweltauswirkungen der beiden neuen geplanten Anlagen nicht ausreichend untersucht hatten. Das Unternehmen legte die Pläne für eine der Anlagen auf Eis und änderte den Antrag für das zweite. Gegen diese Genehmigung gehen die 14 Organisationen jetzt vor Gericht.

Silver Axe VII: Europol-Aktion gegen illegale Pestizide

Bei einer im Frühjahr durchgeführten EU-weiten Polizeiaktion namens „Silver Axe“ kam es zu zehn Verhaftungen, zur Beschlagnahme von 1.150 Tonnen illegaler und gefälschter Pestizide und zur Beschlagnahme einer Fabrik, in der Pestizide gefälscht wurden. Das berichtete Europol Ende Juli. Die Operation zur Durchleuchtung des EU-Schwarzmarkts für Pflanzenschutzmittel wurde bereits zum siebten Mal durchgeführt, die beteiligten Behörden ermittelten in Häfen, Flughäfen und anderen Orten, an denen die Ein- und Ausfuhr illegaler und gefälschter Pestizide aufgedeckt werden konnte.

Europol stellte eine Zunahme des Handels mit illegalen Pestiziden in Südeuropa und im Schwarzmeerraum fest. Die Zahl der Fälle von illegalen Pestiziden, die aus der Türkei stammen, hat während Silver Axe VII stark zugenommen. China sei jedoch nach wie vor das wichtigste Herkunftsland. Auch die Beschlagnahmung kleinerer Sendungen (bis zu zehn Liter/Kilogramm) habe zugenommen. Zusätzlich zu den Grenzkontrollen überwachen die Behörden auch Online-Shops, die eine physische Adresse für die Abholung von online gekauften Produkten anbieten. Der Handel mit Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden, die verbotene Substanzen enthalten, bleibe „stabil“, allerdings nehme die Fälschung gängiger Marken für diese Produkte jetzt zu, so Europol.

Gemeinsamer Brief: Beschränkung von Bisphenolen im Rahmen der REACH-Verordnung

Neun Gesundheits- und Umweltgruppen haben sich Ende Juli in einem Schreiben an das deutsche Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gewandt. Ein Vorschlag zur Beschränkung von Bisphenol A und strukturell verwandten, ähnlich bedenklichen Bisphenolen im Rahmen der REACH-Verordnung steht aus und Deutschland hat die Federführung bei der Bewertung dieser Stoffe. Unter anderem BUND, Women Engage for a Common Future (WECF) und das Europäische Umweltbüro (EEB) hoffen auf einen „positiven Präzedenzfall“, wie die EU mit gefährlichen Chemikalien umgeht. Jüngste EU-weite Biomonitoring-Daten und Studienergebnisse zeigten, dass Umwelthormone (endokrine Disruptoren) weit verbreitet sind und Gesundheits- sowie Umweltfolgen haben. Deshalb sollte nicht nur das umstrittene Bisphenol A, sondern auch die Verwendung aller anderen Bisphenole mit bedenklichen Umweltauswirkungen sowie ebenso bedenkliche Ersatzstoffe eingeschränkt werden. Dies sollte für den gesamten Produktzyklus von Herstellung über Nutzung bis Abfallentsorgung gelten, so die Verbände

Britischer Alleingang könnte 2,3 Milliarden Euro kosten und Umweltschutz einschränken

Weil das Vereinigte Königreich nach dem Brexit nicht mehr am REACH-System der EU-Chemikalienverordnung teilnimmt, könnten die Kosten für die Wirtschaft doppelt so hoch ausfallen wie bisher von der Industrie geschätzt, berichtete der Umweltinformationsdienst ENDS Europe Ende Juli. Denn es müsste eine eigene britische Chemikaliengesetzgebung und Registrierung geben, Im- und Exporte müssten neu geregelt werden. Laut ENDS befürchten Umweltaktive, dass sich eine „regulatorische Kluft“ zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU auftut. Der Umweltinformationsdienst hatte hierzu eine Sprecherin von CHEM Trust befragt, die sagte, dass eine zu große Abweichung von der EU-Regelung Kosten-, Gesundheits- und Umweltrisiken mit sich bringe. Zudem könne Großbritannien nicht mit dem Tempo der neuen EU-Kontrollen Schritt halten.

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Chemikalienbelastung wird mit Rückgang der Spermienqualität in Verbindung gebracht