IP4 in Bukarest - Eine erste Bilanz

In der vergangenen Woche fanden sich mehrere Hundert Personen in Bukarest zusammen, um gemeinsam an dem 4th meeting of the Intersessional Process (IP4) des Strategischen Ansatzes für ein internationales Chemikalienmanagement (Stategic Approach to International Chemicals Management, SAICM) teilzunehmen. Bedingt durch die Pandemie war dies das erste Präsenztreffen seit drei Jahren und damit eine zentrale Möglichkeit den Weg für ein neues internationales Rahmenwerk zu Minderung der Gefahren von Chemikalien für Mensch und Umwelt zu ebenen.

SAICM wurde 2006 als übergeordnetes Rahmenwerk geschaffen, um die großen Lücken der bestehenden Chemikalienkonventionen zu schließen und bis 2020 ein nachhaltiges Management von Chemikalien über den ganzen Lebenszyklus zu erhalten. Ein Ziel, das nicht erreicht wurde. Seit 2015 bereiten sich Staaten, Wissenschaft, Industrie, Zivilgesellschaft und weitere relevante Akteure darauf vor, ein Folgeabkommen zu schaffen. Der dafür geschaffene Intersessional Process stand im Kontext der Pandemie und den Reisebeschränkungen vor großen Herausforderungen. Im Winter 2020/2021 wurden virtuelle Arbeitsgruppen (Virtual Working Groups, VWGs) zu vier Themenfeldern eingerichtet.

Auf der IP4 wurden die Ergebnisse der bisherigen Arbeit der IP3, sowie die Ergebnisse der VWGs diskutiert und versucht, die verschiedenen Vorschläge zusammenzuführen und Textvorschläge für die kommende ICCM5 vorzubereiten. Hier tat sich von Beginn an ein Konflikt zwischen verschiedenen Stakeholdern auf: wie ist mit den Ergebnissen der virtuellen Arbeitsgruppen umzugehen? Insbesondere die afrikanische Region kritisiert, dass die Ergebnisse nicht zu verwenden seien, da eine faire und gleiche Beteiligung an den VWGs nicht gegeben war. Auch viele NGOs sahen die Ergebnisse der VWGs nicht als geeignete Diskussionsgrundlage. Die EU, neben anderen Staaten hingegen sah die Ergebnisse der VWG als wertvoll an und wollte diese als Basis für die weitere Arbeit nutzen. Dies erklärte die EU bereits in ihrem Anfangsstatement. Einen zusätzlichen Fokus legte vor allem die EU darauf, dass der kommende Text für ein neues Instrument kurz und knackig sein müsse. Auf der Verständlichkeit und Kommunizierbarkeit liege der Hauptfokus, und dennoch müsse das neue Rahmenwerk sehr ambitioniert sein. Eine Gradwanderung, die insbesondere bei der Verhandlung um die Ziele für viele Diskussionen sorgte.

Von vielen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen wurde viele und konkrete Ziele eingebracht. An vielen Stellen wurden die eingebrachten Ziele von verschiedenen Staaten und Regionen unterstützt. Die EU hat insbesondere Ziele, die sich auf Transparenz und Datenaggregierung bezogen, die Sichtweisen der Zivilgesellschaft geteilt und eine bessere Informationslage und den besseren Zugang zu diesen Informationen gefordert. Einen großen Fokus legte die EU vor allem auf die Implementierung des Globally Harmonised System.

Aus zivilgesellschaftlicher Perspektive gab es darüber hinaus einige wichtige Ziele, die benannt und in den jetzigen Verhandlungstext integriert wurden. Dazu zählt u.a.:

  • Sichere und nicht-chemische Alternativen sind zu fördern

  • Hochgefährliche Pestizide (Highly Hazardous Pesticides, HHPs) sind bis 2030 aus der Landwirtschaft verbannt

  • Ein allgemeiner und internationaler Verhaltenskodex (Code of Conduct) im Umgang mit Chemikalien und Müll wird angestrebt

  • Effektive Prävention vom Handel mit illegalen und gefährlichen Stoffen

  • Kosten aus der Produktion und Nutzung von Chemikalien sollen internalisiert werden

Zusätzlich dazu finden sich neue Formulierungen im Dokument, die die Menschenrechte als grundlegendes Prinzip im neuen Instrument benennen und sowohl die Jugend, Frauen* und Arbeiter*innen als besonders betroffene Gruppen, aber auch relevante Akteur*innen in einem künftigen SAICM benennen.

Die Verhandlungen konnten jedoch nicht zu Ende kommen. Zu groß war die Lücke zu den letzten wirklichen Verhandlungen in Präsenz und zu viele Vorschläge sind in der Zwischenzeit von verschiedenen Akteuren gemacht worden. Außerdem gab es immer wieder große Diskussionen um das Vorgehen im Allgemeinen. Es wird ein weiteres Treffen im Februar nächsten Jahres geben. In welchem Format und die genauen Rahmendaten werden in den kommenden Wochen bekannt gegeben.

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Internationales Chemikalienmanagement im Schneckentempo

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EU-Umweltnews: Petrochemieklage, illegale Pestizide, Bisphenol und REACH-Brexit