Chemikalien und Abfälle - ein dringendes Thema bei der UNEA 5.2

Heute hat offiziell die fünfte United Nations Environment Assembly begonnen. Neben den Resolutionen zu einem internationalen Abkommen über Plastik, finden sich auch weitere Resolutionen in Bezug auf Chemikalien und die zunehmende Verschmutzung der Umwelt.

Die Schweiz hat eine sogenannte „omnibus“ Resolution, also eine Sammelresolution für ein nachhaltiges Management von Chemikalien und Abfällen vorgeschlagen. Doch die Resolution ist aus zivilgesellschaftlicher Perspektive ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite setzt die Schweiz mit der „Resolution on the Sound Management of Chemicals and Waste“ das Thema Chemikalienmanagement und dort auch explizit den Strategic Approach to International Chemicals (SAICM)-Prozess auf die Agenda. SAICM sollte eigentlich bis zum Jahr 2020 einen umweltverträglichen Umgang mit Chemikalien und Abfällen über den ganzen Lebenszyklus schaffen. Das Ziel wurde weit verfehlt. Unter deutscher Präsidentschaft sollte auf der International Conference on Chemicals Management 5 (ICCM5) im Jahr 2020 ein Folgeabkommen auf den Weg gebracht werden. In Folge der Pandemie wurde die Konferenz jedoch mehrfach verschoben und soll nun im kommenden Jahr stattfinden. Das heißt eigentlich gibt es dringenden Handlungsbedarf, dem sich die internationale Staatengemeinschaft bisher zu wenig gewidmet hat. Dafür ist die Resolution auf der anderen Seite aber an vielen Punkten zu unkonkret und inhaltlich zu unscharf. Zwei wesentliche Kritikpunkte aus NGO-Perspektive an der Resolution sind ein schwammiger Finanzierungsmechanismus und die fehlende Setzung von Schwerpunkten.  

Global betrachtet ist die (fehlende) Finanzierung eines der Haupthindernisse für ein funktionierendes Chemikalienmanagement. Die Resolution der Schweiz umfasst drei Ansätze: Finanzierung aus bestehenden Haushalten, externe Finanzierung und die Beteiligung der Industrie. Dabei geht die Schweiz aber leider nicht auf schon bestehende Diskussionen für einen Finanzierungsmechanismus ein und ignoriert den Vorschlag, dass die chemische Industrie 0,5% ihres Jahresumsatzes zur Finanzierung des Chemikalienmanagements beträgt. Der Vorschlag wurde nicht nur von internationalen NGOs wie dem International Pollutants Elimination Network (IPEN) oder Center for International Environmental Law (CIEL) entwickelt und unterstützt, sondern auch durch die Afrika Gruppe im SAICM Prozess. Daran anschließend hat die NGO Health and Environmental Justice Support (HEJ-Support) einen weiteren kritischen Punkt angemerkt: die Schweizer Resolution bekennt sich nicht zum Verursacherprinzip.

Neben der Kritik an den Finanzierungsmechanismen kritisieren NGOs aber auch die inhaltliche Ausrichtung der Schweizer Resolution. HEJ-Support kritisiert bspw. klar die fehlende Schwerpunktsetzung. Es kommen keine Vorschläge und Aktionspläne für die bestehenden Schwerpunktthemen in SAICM, wie Chemikalien in Produkten oder Hochgefährliche Pestizide vor. Weiterhin werden neben der Belastung durch Blei, Cadmium und Arsen genannt, keine weiteren Schwerpunkte, bzw. Issues of Concern genannt, womit die Schweizer Resolution in Teilen hinter das bestehende SAICM fällt. Konkrete Verpflichtungen für Stakeholder, was auch die Industrie miteinschließen würde, fehlen ganz.

Neben der Omnibus-Resolution hat die Schweiz auch eine zweite Resolution für die Einrichtung eines „Science-Policy-Panels to support action on chemicals, waste and pollution“ eingebracht. Solche Panels gibt schon im Bereich Klima (IPCC) und im Bereich Biodiversität (IPBES). Damit wird zwar nochmal die Dringlichkeit deutlich, welche die Schweiz dem Thema Chemikalien, Abfälle und Verschmutzung zuordnet, aber der Weg dorthin ist noch lang. Die Resolution schlägt vor, auf der UNEP eine offene Arbeitsgruppe (open-ended working group, OEWG) zu gründen, die einen Vorschlag für die Etablierung eines solches Panels vorbereitet. Viele NGOs stellen sich nicht grundsätzlich gegen ein solches Panel, allerdings muss gewährleistet sein, dass solch ein Panel vollständig unabhängig sowohl in der Finanzierung als auch vom Arbeiten ist. D.h. auch die jeweiligen Wissenschaftler*innen dürfen kein politisches oder ökonomisches Interesse mitbringen, sodass keine Interessenkonflikte entstehen. Außerdem löst solch ein Panel auch nicht den dringenden Handlungsbedarf rund um Verschmutzung der Erde. An vielen Punkten sind die Kausalzusammenhänge bekannt und eigentlich ist keine weitere Wissenssammlung nötig, sondern konkrete Handlungen.

Ob es zu einem Durchbruch beim Thema nachhaltiger Umgang mit Chemikalien kommt, bleibt noch offen. Die Prozesse und Mechanismen sind mit SAICM ja bereits geschaffen, jedoch chronisch unterfinanziert und nur auf freiwilliger Basis. Das wird auch die Schweizer Resolution nicht ändern. Die Woche der Vorverhandlungen hat bereits gezeigt, dass die geringen Ambitionen mit denen SAICM die letzten Jahre verfolgt wurde, sich nicht geändert haben. Aber und das ist dennoch erfreulich: das Thema ist prominent und strategisch gut platziert. Die Schweiz hat ein Narrativ geschaffen, nach dem wir neben der Klima- und Biodiversitätskrise nun auch endlich die enorme Verschmutzung der Umwelt auf ein ähnlich hohes Dringlichkeitsniveau gehoben wurde. Hieran schließt auch das internationales Forderungspapier von NGOs an, an dem wir als Forum Umwelt und Entwicklung mitgewirkt haben.

 

 

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