REACH: Melamin bald „besonders besorgniserregend“?
Eine Übernahme der EU-Umweltnwes des DNRs:
Kinder- und Mehrwegplastikgeschirr, Baumaterial, wasserabweisende Kleidung – alle können Melaminharze enthalten. Die Umwelt- und Gesundheitsorganisation HEAL unterstützte Ende Oktober den Vorschlag Deutschlands, die farblose Substanz als besonders besorgniserregenden Stoff einzustufen. Denn die potenziellen irreversiblen Auswirkungen von Melamin auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt rechtfertigten ein „sofortiges regulatorisches Handeln”.
Die heterocyclische aromatische Stickstoffverbindung Melamin (C3H6N6) wird mit Formaldehyd zu Melamin-Formaldehyd-Harzen, die als Kunststoff umgewandelt oder als Klebstoff verwendet werden. Unter anderem in Kindergeschirr und „To-Go-Bechern” wird es verwendet, obwohl bei Temperaturen über 70 Grad Formaldehyd und Melamin in Lebensmittel übergehen können. Der Stoff würde bei erfolgreicher Einstufung als besonders besorgniserregenden Stoff im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung REACH auf die „schwarze Liste“ gefährlicher Chemikalien kommen, deren Verwendung auf dem EU-Markt schrittweise eingestellt werden soll.
Aus Sicht von HEAL sprechen sechs Punkte für ein Verbot der potenziell schädlichen Chemikalie:
Melamin ist in vielen Produkten enthalten, die wir täglich verwenden.
Wir sind Melamin über viele verschiedene Wege ausgesetzt.
Melamin hat Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit: es gilt als vermutlich krebserregend, steht im Verdacht, die Fruchtbarkeit oder sich entwickelnde Föten zu schädigen, wirkt sich mutmaßlich schädigend aufs Hormonsystem aus, hat negative neurologische Auswirkungen und kann die NIeren schädigen.
Melamin verschmutzt die Umwelt.
Sicherere Ersatzstoffe sind ohne weiteres verfügbar.
Die Einstufung von Melamin als besonders besorgniserregender Stoff im Rahmen von REACH kann dazu beitragen, schädliche Expositionen und Umweltverschmutzungen zu minimieren.
Auch aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ist Geschirr aus Melamin-Formaldehyd-Harzen weder „für den Kontakt mit heißen flüssigen Lebensmitteln” wie Kaffee, Suppe oder Säuglingsfolgenahrung noch zur Verwendung in Mikrowellengeräten geeignet.
Der Ausschuss der ECHA-Mitgliedstaaten muss nun auf seiner Dezembersitzung, die laut HEAL für die Woche ab 12. Dezember 2022 angesetzt ist, entscheiden, ob Melamin die Kriterien für einen besonders besorgniserregenden Stoff erfüllt. Als besonders besorgniserregend gelten einerseits Stoffe, die krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend sind, oder Stoffe, die persistent (schwer abbaubar) und bioakkumulierbar (sich in lebenden Organismen anreichernd) sind. Die Einstufung gilt auch für andere, ähnlich besorgniserregende Stoffe, wie beispielsweise die sogenannten „endokrinen Disruptoren" (Stoffe mit schädlicher Wirkung auf das Hormonsystem). [jg]