Das Ende der hochgefährlichen Pestizide müssen in Bonn
Die Gruppe der Hochgefährlichen Pestizide (Highly Hazardous Pesticides, HHPs) machen nur einen kleinen Teil der Gesamtheit der Pestizide aus und dennoch haben sie einen enormen Anteil an den pestizidbedingten Schäden bei Mensch und Umwelt. Alle Pestizide können gefährlich sein, da ihre intendierte Wirkung sich gegen Organismen richtet. Die HHPs haben aber sehr gesichert schwere negative Auswirkungen auf die Umwelt und lösen chronische Erkrankungen aus oder sind akut tödlich.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisationen der Vereinten Nationen (FAO) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben einen Kriterienkatalog festgelegt. Trifft eine der Kriterien zu, gilt ein Pestizid als HHP:
Extrem gefährlich oder hochgefährlich
Krebserregend
Mutagen
Reproduktionstoxisch
Gelistet unter Stockholm Konvention
Gelistet unter Rotterdam Konvention
Gelistet im Montreal Protokoll
Irreversible Effekte und Auswirkungen auf menschliche Gesundheit und Umwelt
Das internationale Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) hat die Kriterien erweitert und eine eigene Liste der als HHP eingestuften Pestizide erstellt. Nach der PAN Liste gelten auch Pestizide, die bspw. hormonwirksam oder besonders toxisch gegenüber Bienen sind, als HHPs.
Kein Schutz vor den Auswirkungen
Die Nutzung von HHPs hat irreversible Umweltauswirkungen, indem Ökosysteme in ihren Funktionen eingeschränkt werden und Lebewesen getötet werden. Aber auch schwere gesundheitliche Auswirkungen werden durch HHPs bedingt. Global ist ein Großteil der akuten Pestizidvergiftungen auf HHPs zurückzuführen. Die absolute Mehrheit davon passiert im Globalen Süden, mit Schwerpunkt in Afrika. Dort geschehen jährlich über 33 Millionen Pestizidvergiftungen. Das liegt vor allem daran, dass dort vielmehr Menschen im landwirtschaftlichen Bereich tätig sind.
Aber auch, weil die Regulierungen viel schlechter sind, als im globalen Norden. In vielen Ländern fehlen besondere Vorschriften für die HHPs. Dies liegt auch an den geringen Kapazitäten. Bspw. arbeiten in 109 Ländern aus dem Globalen Süden jeweils weniger als 6 Personen an der Regulierung von Pestiziden.
Dabei werden die HHPs meist im globalen Norden produziert und von dort exportiert. Meist verbieten die exportierenden Länder die Nutzung in ihren Ländern, aufgrund der Gefährlichkeit der Pestizide. Um diese Doppelstandards abzubauen, braucht es internationale Bemühungen und Übereinkommen, um die Nutzung und Produktion von HHPs einzuschränken. Daran fehlt es bisher aber. Nur 4% aller Pestizide sind über internationale Abkommen reguliert.
Internationale Aktivitäten gegen HHPs
Seit 2015 sind die HHPs ein sogenanntes Issue of Concern, also ein Thema mit besonderer Dringlichkeit im Strategischen Ansatz für ein Internationales Chemikalienmanagement (SAICM). Seitdem ist aber wenig passiert, auch weil sich die Aktivitäten unter SAICM in den letzten Jahren verstärkt auf ein Folgeabkommen richten, da SAICM 2020 ausgelaufen ist. Im September wird in Bonn die Weltchemikalienkonferenz stattfinden, auf der ein Folgeabkommen beschlossen werden soll. Hier kann der Grundstein gelegt werden, die Umwelt- und Gesundheitsschäden durch die HHPs zu beenden, in dem die Nutzung schrittweise eingestellt wird. Dafür muss ein neues Abkommen beschlossen werden, das klare Ziele beinhaltet, die Nutzung und Produktion von HHPs auslaufen zu lassen. Ein solches Ziel, bis 2030 die HHPs schrittweise einzustellen, wurde in den Vorverhandlungen mehrfach thematisiert und befindet sich in Klammern im aktuellen Verhandlungsdokument. Ein Konsens darüber war bisher aber nicht zu erreichen. In Bonn bedarf es großer Anstrengungen, dass dieses Ziel nicht verloren geht. Außerdem muss ein SAICM-Folgeabkommen sichere und nicht-chemische Alternativen unterstützen.
Außerdem bietet die Weltchemikalienkonferenz die Chance, eine sogenannte globale Alliance zu etablieren, die zu den HHPs und der schrittweisen Einstellung arbeitet. Ein solcher Vorschlag wurde in dem Verhandlungsprozess um ein SAICM-Folgeabkommen von der afrikanischen Region eingebracht. Eine solche globale Allianz ist offen für alle Stakeholder und soll einen Aktionsplan entwickeln, in dem Ziele und Meilensteine festgelegt sind, um die Nutzung von HHPs einzuschränken.