REACH im Schleichgang

Eine Übernahme der EU-Umweltnews des DNR:

Das Europäische Umweltbüro und ChemTrust haben am 15. März eine Studie zu den negativen Folgen der verspäteten Überarbeitung der seit 2007 geltenden EU-Chemikalienverordnung REACH vorgelegt. Nach 16 Jahren Laufzeit bewiesen zahlreiche Studien, dass REACH zu reformierbedürftig sei und die festgestellten Mängel behoben werden müssten. Die Revision sollte eigentlich bis Ende 2022 vorliegen, aber die EU-Kommission hat die Veröffentlichung aufs dritte Quartal 2023 verlegt. Die Folgen dessen gingen weit über eine bloße Verzögerung hinaus, kritisieren die Verbände. Die laufende Legislaturperiode reiche nicht aus, um die institutionellen Verhandlungen vor den Wahlen im Jahr 2024 abzuschließen, was die REACH-Revision noch weiter verzögern dürfte. Dies würde „das Erbe des Green Deal beschädigen“ und große Unsicherheiten über die Ausrichtung der EU-Chemieindustrie schaffen und Investitionsentscheidungen erschweren. Ähnlich argumentierte das Forum Umwelt und Entwicklung gemeinsam mit sechs weiteren Verbänden in einem offenen Brief an die deutsche Bundesumweltministerin Steffi Lemke. Die möge sich nach Kräften dafür einsetzen, dass die EU-Kommission die REACH-Revision zeitnah vorlegt, denn dies sei die grundlegende Voraussetzung „für ein gesünderes und widerstandsfähiges Europa, das von Bürger*innen, der Wissenschaft und Unternehmen gleichermaßen gefordert wird und die Industrie zukunftsfähig macht“.

ENVI-Abgeordnete fordern Veröffentlichung vor Juni

Anfang März beklagten auch Mitglieder des Umweltausschusses im EU-Parlament (ENVI) im Gespräch mit der EU-Kommission den langsamen Fortschritt bei der Revision von REACH (Videomitschnitt ab ca. 11:34). Der Kommissionsvertreter der Generaldirektion Umwelt versicherte, das Dokument werde vorgelegt, „sobald es fertig sei“. Hauptaugenmerk liege auf fehlendem Wissen, bedenklichen Polymeren, dem Cocktaileffekt bei Chemikalienwirkungen, besserer Umsetzung der REACH-Verordnung und der Kohärenz mit anderen Gesetzesvorschlägen. Nicht zuletzt gelte es, den Verbraucherschutz und den Zugang zu Gerichten zu verbessern. Die Kollegin der Generaldirektion Wachstum und Beschäftigung plädierte für Vereinfachung der bürokratischen Belastungen. Es gehe um die Förderung nachhaltiger Chemikaliennutzung und –produktion und man arbeite mit „hohem Tempo“ an der schwierigen Aufgabe, die „anspruchsvollste“ Chemikaliengesetzgebung weltweit zu reformieren. Einige ENVI-Abgeordnete forderten eine Veröffentlichung bis Juni, schließlich sei das Null-Schadstoff-Ziel ein wichtiger Bestandteil des europäischen Green Deal. Nicht zuletzt gehe es auch um Rechtssicherheit für die Industrie.

Datenlücken schließen, gefährliche Chemikalien schneller regulieren

Ende Februar hatten sich Umweltorganisationen wie EEB, ClientEarth, BUND und WECF an die EU-Kommission gewandt. Die Reformen der EU-Chemikalienverordnung REACH und die CLP-Verordnung müssten besorgniserregende Datenlücken schließen. Die Regulierung schädlicher Chemikalien müsse außerdem erheblich beschleunigt werden. Schließlich gehe es bei der anstehenden Überarbeitung der Chemikaliengesetzgebung in erster Linie darum, ein höheres Schutzniveau zu gewährleisten und damit das Risiko für Mensch und Umwelt durch schädlichen Chemikalien zu minimieren, so die Verbände. Datenlücken über Chemikalien, die Krebs, Unfruchtbarkeit oder Störungen des Hormonsystems verursachen, behinderten eine wirksame Identifizierung und ein effektives Risikomanagement. Potenziell schädliche Chemikalien blieben so unnötigerweise auf dem Markt, wodurch Milliarden von Menschen und die Umwelt auf Jahre hinaus gefährdet würden. Daher forderten die Organisationen die EU-Behörden auf, die REACH-Anforderungen zu aktualisieren, um notwendige Informationen zum Schutz von Mensch und Umwelt sicherzustellen, wie es auch in der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit vorgesehen sei. Zudem müssten die behördlichen Kontrollen von schädlichen Chemikalien zur Gefahrenerkennung schrittweise auf der Grundlage von anerkannten neuen Methoden jenseits von Tierversuchen stattfinden.

100 neue Testmethoden - die meisten ohne Tierversuche

Am 3. März hat die Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission neue Regeln für Testmethoden veröffentlicht. Die EU-Kommission hat rund einhundert neue und aktualisierte Methoden für Sicherheitstests von Chemikalien in der EU angenommen. Bei den meisten dieser Methoden gibt es keine Tierversuche mehr. [jg]

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