Chemikalienexportskandal und CLP-Abstimmung
Eine Übernahme der EU-Umweltnews des DNR:
BUND: 700.000 Tonnen in der EU verbotener Chemikalien gehen jährlich in den Export
Eine Mitte September veröffentlichte Studie des BUND zeigt, dass viele europäische Chemieunternehmen verbotene Chemikalien in die ganze Welt exportieren. Für die Studie “Supply chains of hazardous chemicals” wurden die Exportdaten europäischer Chemiefirmen ausgewertet. Die Auswertung zeigt, dass etwa 700.000 Tonnen Chemikalien, die in der EU aufgrund ihrer umwelt- und gesundheitsschädlichen Eigenschaften bereits verboten oder in ihrer Verwendung stark beschränkt sind, jedes Jahr aus der EU in die ganze Welt exportiert werden. Darunter sind etwa 200.000 Tonnen Pestizide für die Landwirtschaft. Den Großteil machen aber so genannte Industriechemikalien, zum Beispiel Nonylphenole oder Bleiverbindungen, aus.
BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock kritisierte: „Es ist absolut verantwortungslos, dass auch die deutsche Chemieindustrie ihr Gift einfach in Länder exportiert, die kaum Kapazitäten für Kontrollen oder umweltgerechtete Entsorgung haben.“ Das von der Ampel-Koalition versprochene Exportverbot für gefährliche Pestizide sei erstens überfällig, reiche aber zweitens „bei weitem“ nicht aus.
Der BUND forderte ein sofortiges europäisches Exportverbot für alle chemischen Produkte, die aufgrund ihrer Gefahren für Mensch und Umwelt in der EU bereits verboten sind. Auch das EU-Lieferkettengesetz sollte Hersteller in die Verantwortung nehmen: Europäische Chemieunternehmen müssten Sorgfaltspflichten auch für ihre nachgelagerten Lieferketten übernehmen. Vor der am 25. September beginnenden Weltchemikalienkonferenz (ICCM5) in Bonn forderte die Organisation außerdem ein neues, an den Nachhaltigkeitszielen der Weltgemeinschaft ausgerichtetes Abkommen für ein internationales Chemikalienmanagement.
Am 12. September jährte sich außerdem die Ankündigung des deutschen Landwirtschaftsministeriums, mittels einer Verordnung ein Exportverbot für bestimmte gesundheitsschädliche Pestizide auf den Weg zu bringen. Darauf wiesen BUND, European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Heinrich-Böll-Stiftung, INKOTA-netzwerk, Misereor, PAN Germany und Rosa-Luxemburg-Stiftung in einer gemeinsamen Pressemitteilung hin. Dabei geht es um Pestizide, die in Deutschland produziert werden, aber in der EU nicht eingesetzt werden dürfen. Tausende Tonnen bei uns verbotener Pestizide werden aktuell weiterhin ins außereuropäische Ausland exportiert. Gerade im globalen Süden stelle der Einsatz dieser teils hochgefährlichen Pestizide eine große Gefahr für Bauern und Bäuerinnen, Landarbeiter*innen, die ländliche Bevölkerung und die Umwelt dar.
Umweltausschuss nimmt CLP-Position an
Am 11. September hat der Umweltausschuss im Europäischen Parlament (ENVI) den Bericht zur Überarbeitung der Rechtsvorschriften zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von chemischen Stoffen (CLP) mit großer Mehrheit angenommen. Damit soll der Schutz von Industrie- und Verbrauchsanwendern verbessert werden. Die Health and Environment Alliance (HEAL) begrüßte das Abstimmungsergebnis. HEAL-Expertin Natacha Cingotti nannte es einen „wichtigen und positiven Schritt“ und forderte das Plenum auf, Anfang Oktober ebenfalls für den Bericht zu stimmen. Demnach würden neue Gefahrenklassen in die CLP-Verordnung aufgenommen, darunter endokrin wirkende Chemikalien (EDC) oder auch persistente, bioakkumulierbare, toxische Chemikalien. Vorschriften für den Verkauf von Chemikalien in loser Schüttung, die Nutzung von Nachfüllstationen, den Online-Verkauf und die digitale Kennzeichnung würden modernisiert, Fristen verkürzt, Transparenz verstärkt. Die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments ist für die Woche vom 2. bis 5. Oktober geplant, danach können die Trilog-Verhandlungen mit der Kommission und dem Rat beginnen.
In einem offenen Brief an die EU-Kommissionspräsidentin prangert das Europäische Umweltbüro (EEB) die nach wie vor ausstehende Überarbeitung der EU-Chemikalienverordnung REACH an. Die EU-Kommission hat die Veröffentlichung bereits mehrfach verschoben. [jg]