Glyphosat: EU-Kommission will Verlängerung um zehn Jahre

Eine Übernahme der EU-Umweltnews des DNR:

Die EU-Kommission schlägt eine Verlängerung der Zulassung des umstrittenen Totalherbizids Glyphosat um weitere zehn Jahre vor. Das sieht ein Vorschlag der Kommission vor, der am 20. September veröffentlicht wurde. Der Verordnungsentwurf soll am Freitag dem Ständigen Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) vorgelegt werden. Die aktuelle Zulassung des Pestizids läuft am 15. Dezember aus.

Mitgliedstaaten am Zug

Nun müssen die Mitgliedstaaten entscheiden. Dabei soll der SCoPAFF frühestens Mitte Oktober über den Entwurf abstimmen. Für eine Unterstützung des Kommissionsvorschlags wäre eine qualifizierte Mehrheit der EU-Länder erforderlich. Gibt es keine Mehrheit für oder gegen den Vorschlag, ist die Kommission wieder dran und entscheidet selbst. Für Deutschland hingegen hat die Bundesregierung den Ausstieg aus der Verwendung des Totalherbizids für dieses Jahr angekündigt: „Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt“, heißt es dazu im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP.

Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hatte Glyphosat Anfang Juli eine weitgehende Unbedenklichkeit bescheinigt. In der Neubewertung durch die EU-Behörde wurden damals keine „kritischen Problembereiche“ hinsichtlich des Einsatzes festgestellt. Mit der Wiederzulassung folgt die EU-Kommission nun der Einstufung durch die EFSA. Die Behörde hatte jedoch auch auf Datenlücken und offene Fragen hingewiesen. Dazu zählten die ernährungsbedingten Risiken für Verbraucher*innen, Risiken für Wasserpflanzen und keine abschließende Bewertung der Wirkung auf die Biodiversität. Schon bei der Einschätzung durch die EFSA äußerten Umweltorganisationen heftige Kritik.

NGOs: Risiken und Bürger*innen beachten

Entsprechend ablehnend fielen nun die Reaktionen zur geplanten Verlängerung des Herbizids aus: „Zehn weitere Jahre Glyphosat wären eine Katastrophe für Mensch und Artenvielfalt“, kommentierte Corina Hölzel, Pestizidexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), den Verordnungsentwurf. Laut BUND ignoriere die EU-Kommission eine Vielzahl unabhängiger Studien bei ihrer Bewertung. Angeliki Lysimachou, Leiterin der Abteilung Wissenschaft und Politik beim europäischen Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN Europe) ergänzte: „Die Behörden arbeiten mit Hochdruck, ohne auf die Bedenken der Bürger*innen und die unabhängige Wissenschaft zu hören“. PAN verweist auf kürzlich durchgeführte Umfragen in sechs EU-Mitgliedstaaten, bei denen sich 62 Prozent der Bürger*innen für ein Verbot von Glyphosat ausgesprochen hatten.

Ebenso wie der BUND stellt PAN heraus, dass „Genotoxizität, Karzinogenität, Neurotoxizität, Schädigung des Darmmikrobioms“ sowie die negativen Wirkungen auf die Biodiversität nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Die, direkten und indirekten, toxischen Effekte des Wirkstoffs auf die biologische Vielfalt sind vielfach nachgewiesen: zuletzt etwa auf Amphibienlarven und Insekten wie Florfliegenlarven. Aber auch weitere Tierarten sind von der Anwendung betroffen, wie eine kürzlich erschienene Übersichtsarbeit  aufgezeigt hat.

Protest vor Agrarministerium

Um sich vor der EU-Abstimmung gegen eine weitere Glyphosat-Zulassung stark zu machen, hat ein Bündnis aus Umweltverbänden am 14. September bei einer Aktion am Bundeslandwirtschaftsministerium tausende Unterschriften an Staatssekretärin Silvia Bender übergeben. Bei der Petition „Glyphosat-Verbot jetzt“ wurden über 136.000 Unterschriften gesammelt. Getragen wurde die Aktion vom Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, Eko, Greenpeace, Slow Food Deutschland und dem Umweltinstitut München. [bp]

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